Das Aktenwesen bei Kommunalverwaltungen

von Helmut Hüttmann (für Regis GmbH)


1. Das Schriftgut

Die Verwaltungen verwalten viel zuviel. Sie bauen sogar auch noch um ihr eigenes Schriftgut eine Verwaltung: Die Bezeichnung „Schriftgutverwaltung" scheint falsch gewählt; sie klingt nach Selbstzweck - dabei handelt es sich um ein Mittel zum Zweck.

Der Begriff „Schriftgutablage" geht in das andere Extrem: Dem „Ablegen" haftet der Hauch des nicht mehr Benötigten, um nicht zu sagen Wertlosen, an - in Verbindung mit Akten ein gefährlicher Irrtum, der besonders dann seine fatalen Folgen zeigt, wenn ein falsch abgelegtes Schriftstück nicht mehr gefunden wird.

Der Schriftgutpflege muß daher der ihr gebührende Platz innerhalb der Verwaltungsorganisation zugewie sen werden. Sie ist kein selbständiger oder isolierter Teilbereich, sondern integrierender Bestandteil der gesamten Verwaltungsarbeit.Die Schriftgutpflege darf also kein Eigenleben führen, sondern muß in den Verwaltungsablauf eingegliedert werden.


2. Der Aktenplan

2.1

Die Schriftgutpflege ist dann sinnvoll organisiert, wenn jedes Schriftstück schnell abgelegt und sicher wiedergefunden werden kann. Es darf nicht dem Belieben des einzelnen Bearbeiters überlassen bleiben, nach welchen Kriterien das Schriftgut geordnet wird. Die Verwaltungsorganisation muß vielmehr für die Ordnung des Schriftgutes nach bestimmten Organisationsgrundsätzen einen funktionsbezogenen Aktenplan für die gesamte Verwaltung erstellen. Was der Kontenplan für die Buchführung ist, muß der Aktenplan für das Schriftgut sein.

Eine gute Ordnung der Schriftgutpflege ist ein wesentlicher Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung.

2.2 Der Aufgabengliederungsplan

Die Aufgaben einer Verwaltung sind so vielfältig und verschiedenartig, daß es notwendig ist, sie in eine vernünftige Ordnung zu bringen. Es müssen daher alle anfallenden Aufgaben vollständig und lückenlos erfaßt, d.h. katalogisiert werden. Die so katalogisierten Aufgaben dürfen jedoch nicht als eine Fülle nebeneinanderstehender Einzelaufgaben betrachtet, sondern müssen in ihrer Zusammengehörigkeit zu größeren Aufgabengebieten gesehen werden.

Der Aufgabengliederungsplan ist ein Glied in der Kette der organisatorischen Überlegungen. Der zur Ordnung der Akten aufzustellende Aktenplan baut logischerweise auf der Aufgabengliederung der Verwaltung auf. Dabei werden die einzelnen Aufgaben nach ihrer Artgleichheit zu Aufgabengruppen zusammengefaßt.

Aus artgleichen Aufgabengruppen wird eine übergeordnete Aufgabenhauptgruppe gebildet. Andere Anbieter unterscheiden in ihrem Aufgabengliederungsplan folgende Aufgabenhauptgruppen:

1 Allgemeine Verwaltung
2 Finanzen
3 Recht, Sicherheit und Ordnung
4 Schule und Kultur
5 Soziales, Jugend und Gesundheit
6 Bauwesen
7 Öffentliche Einrichtungen
8 Wirtschaft und Verkehr

Der so entstandene Aufgabengliederungsplan in der Unterteilung

  • Aufgabenhauptgruppe
  • Aufgabengruppe
  • Aufgabe

bietet die grundsätzliche Voraussetzung für die weiteren Organisationskriterien in der Gesamtverwaltung, nämlich

  • Verwaltungsgliederungsplan
  • Geschäftsverteilungsplan und
  • Aktenplan.

2.3 Inhalt des Aktenplans

Während der Aufgabengliederungsplan die zu erfüllenden Aufgaben nach sachlichen Gesichtspunkten zusammenfaßt, werden im Aktenplan die Aufgaben bis zur einzelnen Bearbeitungseinheit aufgefächert. Er kann also als ein fein unterteilter Aufgabengliederungsplan verstanden werden.

So gesehen ist der Aktenplan eine Aufzählung aller in einer Verwaltung vorkommenden Arbeiten nach einheitlichen Ordnungsgrundsätzen.

Er enthält also die systematische Einteilung der Akten nach Sachgebieten. Er legt das innere System fest, nach dem das Schriftgut zu führen und abzulegen ist.

2.3.1 Anforderungen

Ein Aktenplan darf nicht kurzlebig sein, sondern muß die Gewähr dafür bieten, daß über einen Zeitraum von vielen Jahren die Akten einer Bearbeitungseinheit unter demselben Zeichen geführt werden. Daraus ergibt sich, daß ein Aktenplan vorausschauend erarbeitet werden muß und sämtliche voraussichtlich notwendigen Aktenbegriffe enthält. Er muß ferner so elastisch sein, daß hinzukommende Aktenbegriffe eingearbeitet werden können, ohne daß hierdurch die Systematik des Aktenplanes beeinträchtigt wird. Wegfallende Aufgaben sind insofern wenig interessant, als sie ohne Änderung des Gefüges gestrichen werden können.

Der Aktenplan muß sicherstellen, daß die Bezeichnung der Bearbeitungseinheit eindeutig ist und verschiedene Sachbearbeiter einer Akte die zugehörigen Schriftstücke
nicht mit unterschiedlichen Aktenzeichen versehen.

2.3.2 Das Dezimalsystem

Man kann Schriftgut nach verschiedenen Gesichtspunkten ordnen; die einzelnen Systeme sind bei abstraktem Vergleich weder gut noch schlecht. Entscheidend für die
Brauchbarkeit sind immer Anwendungsbereich und Zweck. Von den drei großen Ordnungsprinzipien: alphabetisch, alphanumerisch und numerisch, kann z. B. das alphabetische System für bestimmte Bereiche die einzige sinnvolle Ordnung, für andere wiederum völlig unbrauchbar sein. Es ist in jedem Fall unbrauchbar, wenn es zu Verwechslungen und Fehlern führen kann.

Legt z. B. ein Sachbearbeiter einen bestimmten Vorgang unter A - wie Aktenordnung ab, und ein Kollege sucht denselben Vorgang unter Seh - wie Schriftgutorganisation, ist das alphabetische System falsch gewählt. (Die Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen.) Irrtümer dieser Art vermeidet ein System, das sich nicht an konkreten und vieldeutigen Begriffen orientiert,

sondern sich dem Zweck der eindeutigen Zuordnung unterordnet.  Man mag im Zeitalter der Computer die Inflation von Schlüsselzahlen beklagen und verdammen, die auch das Individuum Mensch zu einer Nummer zu degradieren droht. Die Rationalität lässt sich nicht leugnen.  Dabei ist das numerische Ordnungssystem durchaus ein Produkt der Computersprache, erfunden - oder besser gefunden - wurde es schon vor mehr als 100 Jahren.  Im Gegensatz zur Computersprache, der das binäre System (Potenzen von 2) zugrunde liegt, basiert unsere konventionelle Zähl- und Rechenweise auf dem Dezimalsystem (Potenzen von 10). Dank des Dezimalsystems hat jede Ziffernfolge einen Zähl- und einen Stellenwert.  Wenn wir die Zahl 444 lesen, ist uns selbstverständlich und dadurch gar nicht mehr bewusst, dass die erste 4 gegenüber der dritten 4 den hundertfachen Stellenwert hat.

Diese doppelte Eigenschaft macht sich das Dezimalsystem als Ordnungselement zur Definition und Gliederung von Begriffen, Vorgängen und Aufgaben zunutze; es lässt sich damit eine Ordnungshierarchie bis zu 10 Stellen (0-9) darstellen. Diejenige Ziffer, die an erster Stelle steht, ist immer der nachfolgenden, Ziffer übergeordnet.

Bezogen auf den unter 2.2 erwähnten Aufgabengliederungsplan ergibt sich folgende Darstellung:

1. Stelle - Aufgabenhauptgruppe

2. Stelle - Aufgabengruppe

3. Stelle - Aufgabe

Als Beispiel:

5 - Sozial- und Gesundheitswesen

5.1 - Jugendhilfe

5.1.3 - Jugendfürsorge

Überflüssig zu erwähnen, dass sich die Zifferngliederung bis zur 10. Dezimalen fortführen lässt. Da jede Stelle nochmals 10 Unterscheidungsmerkmale (0-9) bietet, ist die Unterteilung von Sammelbegriffen und ihre Zuordnung zu einer entsprechenden Schlüsselnummer nahezu unbegrenzt.

2.3.3 Aufbau und Gliederung des Aktenplanes

Der kommunale Einheitsaktenplan und auch andere genormte Rahmenpläne bauen auf dem oben kurz geschilderten Dezimalsystem auf.

Der kommunale Einheitsaktenplan orientiert sich an den Hauptgruppen 0-9 nach rein sachlichen Kriterien unabhängig von der Ämtergliederung.

Beide fächern innerhalb der Hauptgruppe auf nach

  • Aktengruppe,
  • Akenuntergruppe,
  • Aktensachgruppe,
  • Einzelaktenzeichen.

Sofern die Aktensachgruppe keiner weiteren Unterteilung bedarf, endet das Aktenzeichen nach der 4. Dezimalen. Für feinere Untergliederungen ist im Allgemeinen die Erweiterung bis zur 6. Dezimalen ausreichend.

Die Gliederung von Aktenplänen im Dezimalsystem ist selbstverständlich auch nach anderen Kriterien möglich. Entscheidend ist, dass der Aktenplan die eindeutige Zuordnung von Vorgängen zum richtigen Aktenzeichen sicherstellt, ausreichend elastisch ist und bei Organisationsänderungen oder Erweiterungen von Aufgaben eine Anpassung des Aktenplanes erlaubt, ohne das einmal festgelegte System zu durchbrechen.

 


3. Die Systemregistratur

Ein Aktenplan, der nach den unter 2.  aufgezeigten Grundsätzen aufgebaut ist, sichert durch das tief gegliederte Dezimalsystem die erforderliche Klarheit. Zugleich bleibt er elastisch genug für die laufende Anpassung an wechselnde Aufgaben der Verwaltung. Dieser ideale Leitfaden wird aber wenig genutzt, wenn die zugeordnete Registratur die Möglichkeiten, die der Aktenplan bietet, nicht in eine sinnvolle Schriftgutablage umsetzen kann.

Eine funktionsgerechte Registratur muss sich nahtlos in das System der Verwaltungsorganisation einfügen.  Sie muss die gleichen Anforderungen erfüllen, die an den Aktenplan gestellt werden, und muss die Ordnung, die der Aktenplan vorgibt, als ständiges Arbeitsmittel sicherstellen.  Hier sollen nicht alle Arten der Schriftgutaufbewahrung aufgezählt, analysiert und die Vor- und Nachteile gegenübergestellt werden. Noch weniger ist beabsichtigt, einen dogmatischen Streit über gelochtes oder ungelochtes Schriftgut aufzuheizen. Es ist auch nicht beabsichtigt, die Kriterien einer zentralen oder dezentralen Registratur gegeneinander abzuwägen. Es soll vielmehr aufgezeigt werden, welche Anforderungen an eine funktionsgerechte Systemregistratur - gleich welcher Art - zu stellen sind. Ein abschließendes Beispiel wird zeigen, wie eine vorbildliche Registratur beschaffen sein kann.

 


3.1 Die Anforderungen

3.1.1 übersichtlich

Die Grundforderung, den Akteninhalt eines Schriftgutbehälters von außen sichtbar zu machen, ist bei den einzelnen Registraturformen unterschiedlich, leider aber oft unbefriedigend gelöst. Die Übersicht wird nicht dadurch erhöht, dass der Akteninhalt außen im Klartext vermerkt ist - im Gegenteil, eine Häufung ausführlicher Informationen kann nicht nur verwirren und damit die Sucharbeit erhöhen, sie ist auch deshalb nicht empfehlenswert, weil sie die Erweiterungsfähigkeit einschränkt und die genaue Inhaltsangabe Unbefugten den Zugriff erleichtert.

Sinnvoll und richtig ist es, den Schriftgutbehälter - gleich welcher Art - nach einem einheitlichen System mit dem Aktenzeichen zu versehen.

Um den Inhalt eines Schriftgutbehälters von außen überhaupt kenntlich zu machen, werden zuweilen die abenteuerlichsten Kunstgriffe angewandt, die nicht selten dazu führen, dass der Bearbeiter Kopf und Körper verrenken muss, um die Kennzeichnung der Akten zu lesen. Anlass für derartige Turnübungen sind meist Kompromisse, die geschlossen wurden, um einer Registraturform den Anschein einer funktionsgerechten Außenbeschriftung aufzupfropfen, weil unbeschadet anderer Vorzüge die Übersichtlichkeit oft eine Schwachstelle von Registraturformen ist.

Überflüssig zu sagen, dass zum Merkmal einer übersichtlichen Registratur auch der schnelle Zugriff zu den Akten gehört - also ein Vorgang ohne langes Suchen gefunden wird.  Hierzu gehört gleichzeitig das sichere Wiedereinsortieren an den richtigen Platz. Je größer die Registratur, umso schwieriger ist es, einen falsch eingeordneten Vorgang wieder zu finden. Alle Kennzeichen und Signale, die verschiebbar sind, bergen Unsicherheiten. Sicheren Schutz bietet nur eine Kennzeichnung, die mit dem Schriftgutbehälter fest verbunden ist, z. B. auf einem Ordnerrücken fest aufgeklebte Aktenzeichen, wobei jede Ziffer eine bestimmte Position auf dem Rückenschild innehat. Wenn außerdem die Aktenzeichen oder Aktengruppen durch ebenfalls systematisch geordnete Farbmarken gekennzeichnet sind, wird eine falsch abgestellte Akte sofort erkannt, weil das äußere Erscheinungsbild innerhalb der Systemregistratur „aus dem Rahmen fällt“.

3.1.2 elastisch - erweiterungsfähig

Ebenso wie der Aktenplan nicht starr sein kann, muss sich auch die ihm zugeordnete Registratur den wechselnden Anforderungen anpassen.  Das gilt sowohl in Bezug auf den Schriftgutumfang als auch auf Änderungen der Aufgabenbereiche.  Bei der Wahl der richtigen Registratur muss also auch daran gedacht werden, dass später hinzukommende Aktenzeichen eingefügt werden können, ohne das System zu sprengen.

Der Gesamtumfang des anfallenden Schriftgutes kann in der Regel - bei zentraler wie bei dezentraler Registratur - gut geschätzt werden.

Man weiß also in etwa, wie viel laufende Meter Schriftgut insgesamt unterzubringen sind und dass bei bestimmten Aktenzeichen wenig, bei anderen umfangreiches Schriftgut anfällt. Der genaue aktuelle Platzbedarf je Aktenzeichen ist aber nicht zu ermitteln, noch weniger der Zukunftsbedarf.

Eine auf den Maximalbedarf je Aktenzeichen angelegte Registratur verschwendet Raum und Material.  Wurde sie auf den Minimal- oder Durchschnittsbedarf zugeschnitten, ist die notwendige Erweiterung neben anderen Nachteilen häufig nur zu Lasten der unter 3.1.1 geforderten Übersichtlichkeit möglich.

Konkret: Sieht man für jedes Aktenzeichen einen Hefter vor, ist bei Vorgängen, die nur aus wenigen Blättern bestehen, das Verhältnis Verpackung (Hefter) zu Inhalt (Vorgang) denkbar ungünstig. Übersteigt der Umfang des Vorgangs das Fassungsvermögen eines Hefters, „hilft“ nur ein Zusatzhefter. Was sich hieraus ergibt, ist hinreichend bekannt:

Der Vorgang wird auseinander gerissen, zwei Akten auf dem Schreibtisch, ein vermutlich kompletter Vorgang ist unvollständig, falsche Reihenfolge der Schriftstücke usw.

3.1.3 handlich

In der freien Wirtschaft wird die „Ablage“ häufig als notwendiges Übel angesehen, dadurch unterbewertet und entsprechend behandelt.

Eine Haltung, die sich verhängnisvoll auswirken kann, aber teilweise verständlich ist, wenn man bedenkt, dass in Teilbereichen sehr viel Schriftgut anfällt, abgelegt und innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist aufbewahrt, aber nicht mehr eingesehen werden muss (z. B. Auftragskorrespondenz, Bestätigungen, Rechnungen, ähnliches). So werden oft weniger qualifizierte Kräfte mit der „Ablage“ betraut.

Im Bereich der Kommunalverwaltung hat die Schriftgutpflege einen völlig anderen Charakter und notwendigerweise auch einen wesentlich höheren Stellenwert. Hier sind es z. T. qualifizierte und entsprechend dotierte Kräfte, die sich mit der Schriftgutpflege befassen, weil sie eben ständig mit Akten zu tun haben. Dabei ist wichtig, die Kosten des anteiligen Zeitaufwandes für Abheften, Entnehmen, Zwischenfügen oder Blättern in einem Vorgang auf ein Minimum zu reduzieren. Die Erfüllung dieser Forderung beginnt mit der übersichtlichen Anordnung und Bezeichnung der Akten (s. Punkt 3.1.1) und endet beim Schließmechanismus der Schriftgutbehälter (s. Punkt 3.2.3):

3.1.4 raumsparend

Im Anschluss an das Stichwort Zeitersparnis wären normalerweise Überlegungen über den Gesamtkomplex „Kosten der Schriftgutpflege“ fällig. Das würde jedoch den Rahmen dieser Erläuterungen sprengen. Ein Kriterium sei jedoch besonders betont:

Wie in der Volkswirtschaft der Produktionsfaktor Grund und Boden nicht vermehrt werden kann, ist auch der verfügbare Raum in den Verwaltungsgebäuden ein kostbares Gut, das optimal genutzt werden muss. Wo immer Schriftgut in der konventionellen Form, also nicht mit Hilfe der Mikrofilmtechnik oder magnetischer Datenträger, aufbewahrt und bearbeitet wird, ist der Raumbedarf beträchtlich. Die Nutzung des Raums für die Aufbewahrung des Schriftgutes beeinflussen im wesentlichen zwei Faktoren: die Schriftgutbehälter (Ordner, Hefter und dergl.) und ihre Unterbringung in Schränken,

Regalen oder ähnlichem. Zwischen beiden Faktoren kann durchaus eine Wechselwirkung bestehen: So kann das Verhältnis zwischen Füllstärke und Gesamtstärke eines Schriftgutbehälters durch einen hohen Bedarf an Schrankfläche überlagert werden. Dabei sind neben der Standfläche für diese Möbel auch die erforderliche Bedienungsfläche und die nutzbare Höhe zu berücksichtigen, die sich bei den einzelnen Ablageformen sehr unterscheiden. Die begrenzte Nutzungsmöglichkeit der verfügbaren Raumhöhe bei vertikalen Hängeregistraturen ist allgemein bekannt. Dies soll kein Werturteil für oder gegen die Hängeregistratur sein, das Beispiel will nur zeigen, dass man bei Aufstellung eines Anforderungskataloges kein Kriterium isoliert bewerten, sondern alle Gesichtspunkte berücksichtigen muss.

3.1.5 langlebig

Aber auch eine Registratur, die nach den oben aufgezeigten Anforderungen ausgesucht wurde, wäre falsch gewählt, wenn ein „Wegwerf-Produkt“ angeschafft würde. Der notwendige Aufwand zur Erstellung und Einrichtung einer maßgeschneiderten Verwaltungsregistratur wäre unvertretbar, wenn diese Registratur nach kurzer Zeit erneuert und der gesamte Aufwand wiederholt werden müsste; selbst dann nicht, wenn der Hersteller die Registratur betriebsfertig anliefert - was durchaus möglich ist.

Es mag Fälle geben, wo die komplette Erneuerung einer prall gefüllten Registratur ihre Berechtigung hat, etwa im Rahmen einer vollständigen Neuorganisation oder weil aufgrund früherer Versäumnisse die Kosten einer Entflechtung nicht gerechtfertigt sind, aber keine Privatperson wird einen kompletten Kleiderschrank wegwerfen, bloß weil die Anzüge abgetragen sind und durch neue ersetzt werden müssen. Warum soll in einer Verwaltung der Kleiderschrank „Schriftgutbehälter“ ausrangiert werden, nur weil der Inhalt veraltet ist? Wenn das geschieht, besteht neben anderen Nachteilen die Gefahr, dass durch den kontinuierlichen Ersatz die Homogenität der Registratur durchbrochen wird, weil man wegen einer vermeintlichen Ersparnis Provisorien schafft, ohne zu bedenken, dass dadurch die Schriftgutpflege nicht einfacher, sondern umständlicher und damit teurer wird. Das Fortleben einer intakten Registratur über die einmalige Füllung der Schriftgutbehälter hinaus ist nur dann gegeben, wenn Akten, die nicht mehr benötigt, aber aufgehoben werden müssen, in eine andere Form der Aufbewahrung übergeführt werden können.

Das Überführen abgeschlossener Vorgänge ins Zwischenarchiv oder Archiv setzt allerdings folgendes voraus:

- der Zeitaufwand für das Umbetten darf nicht unangemessen groß sein,

- die Archivbehälter müssen preisgünstig sein und das Schriftgut dennoch ausreichend schützen,

- die Übersicht über die Aktenzeichen und zugehörige Vorgänge dürfen nicht verloren gehen.

Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass der Aktenpflege leider vielfach zu wenig Beachtung geschenkt wird mit der Folge, dass die lebende Registratur zuviel Ballast in Form nicht mehr benötigter Akten und Vorgänge mitschleppt. Richtig wäre die rechtzeitige Vernichtung unwichtiger Akten und die Abgabe der übrigen Akten ins Zwischenarchiv zur Sichtung und Verzeichnung durch den Archivar.


3.2 Beispiele einer Systemregistratur

In der folgenden beispielhaften Darstellung sollen die unter 3.1 gestellten Anforderungen an den Möglichkeiten eines konkreten Registratur-Systemsgemessenwerden, nämlich des Regis-Systems.

Die Regis GmbH mit Sitz in Bonn befasst sich seit 1901 mit Schriftgut-Organisation und wirtschaftlichen Ablagesystemen speziell für die Kommunalverwaltung.

Es ist deshalb kein Zufall, dass die Regis-System-Registratur überwiegend in Kommunalverwaltungen anzutreffen, dagegen im Bereich der freien Wirtschaft seltener zu finden ist. Aus dieser Feststellung lässt sich zweierlei ableiten: In weiten Bereichen der freien Wirtschaft wird die Ablage mit der „linken Hand“ erledigt, was wegen der kurzen Aufbewahrungsfristen und wegen der geringen Benutzungsfrequenz nach der aktuellen Bearbeitung oftmals verständlich ist.

Dagegen haben die Kommunalverwaltungen die Bedeutung der Schriftgutablage als lang dauernde Informationsquelle erkannt und ihr den gebührenden Stellenwert innerhalb der Gesamtorganisation eingeräumt.

Ferner: Eine Verwaltung mit einer den Aufgaben entsprechenden System-Registratur widerlegt all diejenigen, die behaupten, Verwaltungen gingen mit ihrem Geld grundsätzlich leichtfertig um. Sie beweist vielmehr, dass sie sehr wohl Aufwand und Nutzung abzuwägen weiß.

Eine Verwaltungsregistratur umfasst

die Ablage von

- gelochtem Schriftgut DIN A6 bis DIN A4,

- ungelochtem Schriftgut DIN A6 bis DIN A4 (Haushaltspläne in gebundenen Ausführungen, Broschüren, Kataloge usw.),

- Schriftgut außerhalb der DIN-Formate

Für alle diese Schriftgutarten stehen Behältnisse zur Verfügung, die trotz ihrer Verschiedenartigkeit dennoch in ein einheitliches System integrierbar sind:

- Schnellordner mit Vierloch-Mechanik,

- Lochlos-Ordner für ungelochtes Schriftgut,

- Schriftgutbehälter

3.2.1

Das für alle Schriftgutbehälter einheitliche Systemrückenschild erlaubt eine Außenbeschriftung nach dem Aktenzeichen des Aktenplanes nach der Klassifizierung 0-9.  Jede Hauptgruppe hat ihre eigene Kennfarbe, so dass Falscheingliederungen sofort erkannt werden. Die Untergruppe ist nochmals farbig unterlegt, damit auch dort Falschablagen sofort auffallen. Die Markierung der 5. und 6. Aktendezimale zeigt, ob sich ein einzelner oder mehrere Sachbegriffe im Ordner befinden.  Wurden zunächst mehrere Aktenzeichen in einem Ordner zusammengefasst und es ergibt sich später die Notwendigkeit, einem einzelnen Sachbegriff doch einen separaten Ordner zu geben, wird an der entsprechenden Stelle ein „roter Pfeil“ aufgeklebt, der meldet, dass das betreffende Aktenzeichen sich nicht mehr im ursprünglich angelegten Ordner befindet. Die Systembeklebung des Ursprungs-Ordners bleibt trotz der Änderung erhalten.

Damit für die Systembeklebung der ganze Ordnerrücken genutzt werden kann, sind die Schriftgutbehälter mit einem seitlichen Greifloch versehen. Ein „Loch im Rücken“

würde die verfügbare Kennzeichnungsfläche verkleinern und die Vorteile der Systembeklebung beeinträchtigen.

Um ein auf Jahre hinaus optisch gutes Bild zu behalten, werden die Ordner mit Klarfix-Schutzstreifen überzogen, die Schmutz abweisen und die Farbklarheit der Unterklebeschilder bewahren.

3.2.2

Für die Trennung der Vorgänge innerhalb der Ordner steht eine Vielzahl von Aufteilungshilfsmitteln zur Verfügung:

- Trennblätter,

- Ovalösenhefter,

- Sparhefter.

Trennblätter in drei verschiedenen Breiten mit aufgedruckten Systemleisten von 0-9 oder 00-99 gestatten die Aufteilung von Aktenzeichen im Ordner von der 3. bis zur 6. Dezimalen. Darüber hinaus können Trennblätter für Einzelakten mit Aufdruck nach Kalendertagen, Monaten, A Z oder individueller Beschriftung eingesetzt werden.

Die Regis-Ovalösenhefter stehen in verschiedenen Farben zur Verfügung und sind ebenfalls mit Systemleiste versehen.

Der Sparhefter hat sich durch seine Vorteile in der Praxis bestens bewährt: Das Schriftgut wird mit dem Sparhefter in die Ordnermechanik eingelegt. So entfällt zunächst die platzaufwendige Schnellheftergarnitur eines herkömmlichen Hefters.  Erst wenn ein Sachbegriff dem Ordner entnommen werden soll, wird aus dem Sparhefter mittels einer Heftzunge ein selbständiger Hefter.  Die Entnahme sowie Wiedereingliederung ist denkbar einfach und bequem. Der „Sparhefter“ spart also Raum und Geld.

Auch die Ablage ungelochten Schriftgutes in Lochlos-Ordnern lässt sich in ähnlicher Weise gliedern. Zur Unterteilung bieten sich neben dem Sparhefter Einstellmappen mit oder ohne Dehnfalte an, die sich dem Volumen des Schriftgutes anpassen.

3.2.3

Die einfachste und schnellste Ablageform ist zweifellos die ungeheftete Ablage, für die sich sehr praktische Lösungen anbieten (z. B. Lochlosordner). Aus nahe liegenden Gründen kann aber in den Kommunalverwaltungen nicht das gesamte Schriftgut ungelocht abgelegt werden.

Wenn  wie es richtig ist  qualifizierte und entsprechend bezahlte Kräfte mit Registraturarbeiten betraut werden, sollte auch das Registraturmittel die Gewähr dafür bieten, dass unnötiger Zeitaufwand vermieden wird.  Je weniger Arbeitsgänge erforderlich sind, umso sicherer und schneller können Registraturarbeiten erledigt werden.

Folgende Tabelle vergleicht die Arbeitsgänge bei zwei Ordnertypen mit verschiedenen Mechaniken.

Ausgangssituation: vorsortiertes Schriftgut bereitgelegter Ordner.  Diese Vorarbeiten sind bei beiden Registraturmitteln gleich.

Beim Schnellordner entfallen also 4 Arbeitsgänge; anders ausgedrückt: Beim Briefordner ist die Anzahl der Arbeitsgänge um 67% höher! außerdem ist das Umlegen des Schriftgutes um 180° bei Arbeitsgang 3 wesentlich einfacher.

3.2.4

Die Konstruktion der Schnellordner-Mechanik bietet darüber hinaus bei geringer Rückenbreite ein hohes Füllvermögen. Bei einem normalen Briefordner mit Zweiloch-Hebelmechanik beträgt die Differenz zwischen Füllhöhe und Außenbreite 22 mm, beim Vierloch-Schnellordner 12 mm. Das sind pro Ordner zwar nur 10 mm, ergibt aber in der Addition einer Gesamtregistratur eine deutliche Platzersparnis. Bei einer Registratur von 100 Ordnern beträgt die Differenz bereits 100 lfd. cm.

3.2.5

Jeder kennt das Bild: Die Ordner sind nur teilweise gefüllt, das Schriftgut wird mit der Klemme auf eine Ordnerseite gepresst, und der Ordner gerät allmählich, aber unaufhaltsam in Schräglage. Der gefüllte Ordner hat sich im Laufe der Zeit völlig verzogen, weil die Qualität des Ordnereinbandes und die Anordnung der Mechanik dem seitlichen Druck auf Dauer nicht gewachsen sind.

Ein Ordnereinband in stabiler Hartpappe bietet an sich schon die Gewähr für lange Lebensdauer. Unterstützt wird diese Eigenschaft durch die besondere Anordnung der Schnellordner-Mechanik. Sie ist nicht an den Seitendeckel angenietet, sondern im Ordnerrücken befestigt. In Verbindung mit dem Einband aus Hartpappe verleiht sie dem Ordner eine absolute Standfestigkeit, so dass er über Jahrzehnte hinaus einsatzfähig bleibt.

Wie unter 3.1.5 dargelegt, wird aber ein Ordner mit langer Lebensdauer nur dann sinnvoll genutzt, wenn der gefüllte Ordner nicht nach kurzer Zeit komplett ausrangiert und durch einen neuen ersetzt, sondern nur der Inhalt in eine andere Ablageform umgebettet wird. Die von der Regis angebotene Produktpalette für Altablage und Archiv bietet hier eine umfassende Auswahl  von einfachen handlichen und raumsparenden Boxen für die Altablage bis zu Behältnissen, die allen Anforderungen für die Archivierung entsprechen. Die Archivmittel sind frei von Metallteilen, die durch Alterung oder Feuchtigkeit Rost ansetzen und dadurch Urkunden angreifen können.  Auch die verwendete Kartonqualität schließt jeden schädlichen Einfluss auf die aufbewahrten Dokumente aus.

Schließlich: Die Archivmittel lassen sich nach demselben Gliederungssystem wie die lebende Registratur kennzeichnen, so dass ein Rückgriff jederzeit möglich ist und so eine nahtlose Verbindung zwischen der aktuellen Registratur und dem aussortierten Schriftgut besteht.

3.3 Die Einrichtung und Umstellung

Sehr häufig droht die dringend nötige Einführung einer System-Registratur daran zu scheitern, dass zu wenig personelle Kapazitäten mit entsprechender Qualifikation für die Einrichtung zur Verfügung stehen.  Die Einrichtungsarbeiten sind zu Recht gefürchtet, weil sie sehr zeitaufwendig sind und in dieser Zeit keine „produktive“ Arbeit möglich ist. Andererseits führt die untergeordnete Ablage ohne „System“ und Aktenzeichen nach dem Gutdünken des einzelnen sehr bald zum Chaos. Hilfe bieten dafür betriebsbereite Registraturen, die sofort nach Ihrer Aufstellung in Benutzung genommen werden können. Sie bilden durch ihre Beklebung der Rücken und bereits in die Ordner eingelegten Trennblättern eine Klammer um den Aktenplan, so dass das anfallende Schriftgut zum weit überwiegenden Teil problemlos abgelegt werden kann. Individuelle, gemeindebezogene Akten können leicht ergänzt werden. Registraturen dieser Art haben den Vorteil, ab jedem beliebigen Stichtag mit der Neuablage beginnen zu können. Notwendige Aktensichtungen und Entflechtungen bestehender Aktenbestände können dann in aller Ruhe durch interne Kräfte oder externe Fachleute vorgenommen werden. Für kleinere und mittlere Gemeinden bis etwa 8.000 oder 10.000 Einwohner gibt es dabei fertig vorbereitete Standardgrößen, größere Verwaltungen erhalten individuell erstellte Registraturen.


4. Die Einzel- und Sonderakten einer Kommune

Das unter Ziffer 1 -3 Gesagte gilt für alle Akten, die vom Aktenplan erfasst sind. Daneben gibt es jedoch Aktenbestände, die einer besonderen Beurteilung und einer eigenen Ablageform bedürfen. Dies sind bspw. die Kassen- und Rechnungsbelege (wo Regis ebenfalls ein besonderes Ablagesystem anbietet), Grund- und Gewerbesteuerakten, Baugenehmigungsakten, Personalakten, bei größeren Städten Wohngeldakten, Ausländerakten, Bußgeldakten etc. Besondere Anforderungen, sogar an die Möbel, gibt es im Standesamt. Es würde den Rahmen dieser Abhandlung bei weitem sprengen, Vorschläge für die einzelnen Einsatzgebiete zu machen. Da es sich um reine Einzelakten mit individuellen Ordnungsgrundlagen (alphabetisch, Strasse, Hausnummer etc.) handelt, gelten hier andere Kriterien, die andere Ablageformen, insbesondere Hängeregistraturen, ermöglichen, die teilweise auch betriebsbereit lieferbar sind.

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